Philosophie

Der Geist des Yoga im täglichen Leben

Dr. Geeta S. Iyengar

The Yogic Mind in Daily Life
Yoga Rahasya Vol 13, No. 4, 2006
Abhyasa Juni 2009 (Übersetzung: Daniela Kornmüller-Bolte)

Wir als Yoga-Praktizierende sehen uns manchmal aufgrund anderer Verpflichtungen im Leben nicht in der Lage, die gewünschte Zeit für unsere Praxis aufzubringen. Manchmal werden wir vom Üben abgelenkt. Wie kontrolliert man den Geist? Welche Rolle spielt das tägliche Yogaüben? Smt. Geeta S. Iyengar hat während einer Reise, die sie 2001 in die USA machte, einen sehr praktischen Vortrag über diese Fragen gehalten. Aussagen, die heute genauso gelten wie zu jener Zeit! In der Niederschrift des Vortrags erklärt sie die Zusammensetzung von Citta, Bewusstsein, und wie die tägliche Yogapraxis unser Bewusstsein verändert; wie wir das Grundkapital, Citta, mit dem wir geboren wurden, mehren können, indem sie uns eine klare Methodik gibt, wie die Wissenschaft des Yoga diese Veränderung vollbringt.

Wir alle üben Yoga; wir haben Freude daran, es zu üben. Manchmal profitieren wir davon, manchmal können wir die Vorteile nicht fühlen. Wir machen diese Art  Vergleiche, und trotzdem üben wir weiter. Sie verpassen das Üben an einem Tag, und Sie wissen, Sie haben etwas verpasst. Das alleine sagt uns, wie wichtig die tägliche Yogapraxis ist.

Manchmal haben wir das Gefühl, dass wir so viele Dinge tun müssen, es aber nicht schaffen, sie zu tun. Manchmal nehmen andere Aufgaben familiärer oder beruflicher Art unsere Zeit in Anspruch und wir müssen uns diesen Aufgaben widmen, die uns weniger Zeit für das Üben lassen. Wenn wir aber weise sind und den Geist des Yoga in uns tragen, werden wir irgendwo zu diesem „ja, wir können üben, wir können diese Veränderung in uns vollbringen“ finden.

Wir werden vertraut mit unserem Geist. Wir wissen, dass unser Geist verschiedene Spiele mit uns spielt. Wir kennen seine Schwankungen, wir wissen, dass er manchmal schwach ist und manchmal sehr stark. Dieser Geist kennt zwei Wege, zwei Pfade, einen nach außen gehenden und einen anderen nach innen gehenden. Patanjali, oder eher Vyasa, der Kommentator der Patanjali Sutras, bezieht sich darauf. Er sagt, dass der Geist zwei Wege kennt, zwei Pfade, einen zum Hinausgehen und einen zum Hereinkommen. Der eine wird Vyutthana Citta genannt und der andere Samahita Citta.

Wenn der Geist die Fähigkeit hat, nach außen zu gehen, hat er auch die Fähigkeit, nach innen zu gehen. Deshalb betrachten wir den einen Pfad als Bhoga und den anderen als den Pfad des Yoga. Vyasa sagt uns das und gibt uns Hoffnung, dass wir, wenn wir auf dem richtigen Weg sind, dem nach innen gehenden, diesen Pfad erreichen können. Wenn es nur den Weg nach innen gäbe, blieben uns die Tore des Yoga verschlossen, wären wir einmal nach außen gegangen. Aber sie sind nicht verschlossen, sie sind offen.

Weil der Geist zwei unterschiedliche Richtungen hat, ist das leichter zu verstehen. Nehmen Sie das Beispiel eines weißen Tuches, ein schwarzes Zeichen darauf wird klar erkennbar sein. Ein weißes Zeichen auf einem schwarzen Tuch wird ebenso klar zu  sehen sein. Ähnlich verhält es sich mit dem Geist, da er zwei Richtungen einschlagen kann, ist es sehr leicht für uns zu verstehen, welche nach innen und welche nach außen geht.

Sie kennen das Wort Citta, Bewusstsein. Wenn wir das Wort Geist (engl. mind = Geist, Gemüt, Psyche) gebrauchen, ist dies eine Öffnung nach außen am äußersten Rand des Bewusstseins. Wenn wir jedoch das Wort Bewusstsein (engl. consciousness) verwenden, sprechen wir über unsere gesamten Geisteskräfte. Wir haben die Intelligenz, wir haben das Gefühl unserer eigenen Existenz, wo wir uns auf die äußere Welt beziehen oder auf die innere Welt und uns „ich“ nennen. Wenn ich mich auf die äußere Welt beziehe und mich selbst zu ihr in Bezug bringe, sage ich „ich bin so und so“. Um diese Welt, mich, in den Bezug nach innen zu bringen, sage ich „ich handle auf diese Weise“, „ich bin so“. Und diese „Ich-heit“, die wir alle haben, ist auch ein Teil des Bewusstseins. So umfasst diese Geisteskraft oder dieses Bewusstsein Intelligenz, Ich-Bezogenheit, die wir „Ich-heit“ oder „Ich-Bewusstsein“ nennen, und den Geist (mind). Dieses Citta ist unser wirkliches Kapital. Es ist unser wirklicher Besitz. Es ist das, was wir haben. Es ist unser Erbe, unser Hab und Gut. Die Art Erbe, die wir in uns tragen ist unser Citta, unser  Bewusstsein.

Sie sehen die Natur draußen. Sie sehen Natur, die gesteuert wird oder wo etwas geschieht. Dahinter steckt eine Energie, eine Kraft. Auch wir erhalten etwas von dieser Kraft und das trägt zu unserem Bewusstsein bei.

Wir wissen, dass wir unseren physischen Körper von unseren Eltern erben. Die moderne Wissenschaft erklärt, wie wir entstehen. Wenn der Körper so vererbt wird, dann muss es auch irgendeine Art von Geist, von Bewusstsein geben, das ebenfalls vererbt wird. Das kommt von der kosmischen Intelligenz oder auch kosmische Ich-Bezogenheit genannt. Es wird Mula Prakrti* genannt. Wenn Sie die von Guruji geschriebenen Yoga Sutras von Patanjali durchgehen, werden Sie erfahren, dass er eine vollständige Erklärung darüber gibt, wie wir entstanden sind. Von diesem Mula Prakrti, der Urmaterie, erben wir dieses  Bewusstsein.

Wir müssen ein wenig über diesen Hintergrund wissen, wenn wir den Geist des Yoga kennenlernen wollen. Sonst wird die erste Frage die nach der Entstehung des Geistes (mind) sein. Dieses Bewusstsein entstand durch Urmaterie, durch kosmische Energie, durch kosmische Intelligenz. Wenn so viel bekannt ist, dann wissen wir, wie wir  weitergehen und was wir tun.

Wie ich bereits sagte, hat das Citta zwei Bewegungen; das Citta, das nach außen geht, heißt Vyutthana Citta, und das nach innen gehende heißt Samahita Citta. Das Samahita Citta ist ausgeglichen, während Vyutthana Citta etwas unausgeglichen ist, weil es in verschiedene Richtungen geht.

Was sind diese Kanäle und was sind ihre Wege nach außen?

Nehmen Sie das Beispiel einer Straße, die von einem Ort zum anderen führt. Wenn Sie zurückwollen, müssen Sie umdrehen. Die Straße bleibt dieselbe, aber Sie können auf der anderen Seite fahren, wenn Sie umdrehen.

Auf ähnliche Weise haben wir auch in unserem Körper eine Straße, und wir müssen uns auf der richtigen Straßenseite halten. Wir können nicht auf der falsche Seite gehen und  uns verletzen. Welche Pfade sind das?

Citta hat seine eigene Stabilität, seine eigene Mobilität und sein eigenes Licht.

Citta, so wie es seinen „Reichtum“, seinen Besitz von Urmaterie, von Prakrti (die Natur als Ursprung der materiellen Welt), erhalten hat, gibt es seine Bestandteile Sattva, Raja und Tama Guna. Citta hat seine eigenen Qualitäten. In einfachen Worten, es hat seine eigene Stabilität, seine eigene Mobilität und sein eigenes Licht. Wie auch unseren  Körper können wir es stabil halten.

Sie sitzen und hören mir zu. Vermutlich hätte ich nicht zu Ihnen gesprochen, wenn Sie  umhergehen würden. Wenn ich umhergehen würde, hätte ich diesen Vortrag nicht  halten können. Dadurch, dass ich sitze, entsteht Stabilität. Sie sitzen und hören mir zu, und deshalb haben auch Sie eine gewisse Stabilität. Wenn nötig, haben wir Mobilität.  Wir können laufen, wenn wir hinausgehen müssen. Wir können aktiv werden, wenn wir etwas tun müssen. Dies sind Qualitäten, die in uns arbeiten. Es gibt etwas in uns, dass uns zur Stabilität oder zur Mobilität führt. In uns ist auch einiges Verständnis, eine gewisse Intelligenz in jedem von uns. Es ist eine Art Verständnis hinter jeder unserer Aktivitäten oder auch dann, wenn wir meinen, dass wir nichts tun sollen. In einfachen Worten nennen wir das Sattva. Sattva, Raja und Tama Guna bleiben in uns, obwohl ihre Anteile sich ändern können. Aus diesen drei Gunas bilden wir den Kanal oder den Weg für den nach außen gehenden Geist. Es ist unser eigener physischer Körper,  physiologischer Körper, das Nervensystem, das Atemsystem, der Kreislauf, das Verdauungssystem, das Ausscheidungssystem, das Drüsensystem. Unser Geist dringt durch all diese Kanäle nach außen. Wir denken, dass der Geist nur ein Instrument in uns ist, das uns funktionieren lässt, aber er hat seine Kanäle.

Unser Verdauungssystem sagt uns, was wir essen sollten und was nicht. Manchmal schmeckt es gut, ist aber nicht angebracht. Wir essen gerne Schokolade, aber das Verdauungssystem sagt uns, dass wir damit aufhören sollen! Das Wissen dringt also durch. Dies ist auch eine Art Kanal, der elementarer Körper genannt wird.

Dieser elementare Körper besteht aus den fünf Elementen, Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Alle diese Elemente sind in jeder Zelle in unterschiedlichen Anteilen vorhanden. Deshalb unterscheiden sich die Zellen des Magens von denen der Niere, oder die Zellen der Niere und des Magens unterscheiden sich völlig von den Gehirnzellen. So wird der elementare Körper geformt. Dennoch hat er die Kanäle, durch die der Geist sich bewegen kann.

Wir haben Wahrnehmungssinne, unsere Augen, Ohren, Nasenlöcher, Haut und Zunge. Diese fünf Jnanendriyas haben ihre eigenen Kanäle, durch die wir schmecken, riechen, sehen, fühlen und hören können. Dies ist ein weiterer Weg, durch den unser Geist nach außen geht, durch den wir mit der Außenwelt kommunizieren.

Stellen Sie sich eine Zelle vor. Stellen Sie sich das Bewusstsein als eine Zelle bei ihren Projektionen vor. Das Bewusstsein dringt nach außen und breitet sich aus. Der Geist arbeitet wie ein Public Relations Manager, der uns nach außen bringt und uns  informiert, hier ist der Berg, hier ist das Institut, hierher kommen die Menschen, um Yoga zu lernen etc. All dies wird durch unsere Wahrnehmungsorgane zum Geist kommuniziert, und der Geist liefert all die Informationen zum Bewusstsein. All diese ausgehenden Wege bilden unsere Verbindung zur externen Welt. Alles was wir lernen, alles was wir verstehen, alles was wir sehen, alles was wir versuchen zu erinnern, kommt durch diese Kanäle, und deshalb heißt es Vyutthana Citta.

Das Bewusstsein empfängt all dies und muss es verarbeiten. Es fängt an zu  unterscheiden, zu bewerten, was wie ist, was ist gut und was ist schlecht. Es läuft eine Art innerer Denkprozess ab.

Wenn wir etwas sehen, können wir sagen: „Es ist sehr schön“, das Bewusstsein weiß, was schön ist. Das Bewusstsein hat diese besondere Fähigkeit, die vielleicht versteckt ist, die Sie nicht zeigen, aber es spricht intern zu Ihnen. Es fragt Sie, warum Sie das gesagt haben. Welcher Gedanke steckt dahinter? Dies ist die geistige Fähigkeit, die bestimmte Dinge des nach außen gerichteten Geistes aufgreift und darüber nachdenkt. Hier, an dieser Stelle, beginnt die wirkliche Interaktion. An dieser Interaktion erkennen wir, dass es etwas gibt, das uns erhebt, und das wird Gewissen genannt.

Wenn wir nicht wollen, dass dieses nach außen gerichtete Bewusstsein sich auf etwas einlässt, dann fragt Citta das Gewissen: „Bitte beurteile, bin ich richtig oder falsch?“ „Soll ich mich darauf einlassen oder nicht?“ So betrachten wir die Dinge von der anderen Seite dieses Bewusstseins aus.

So bringt uns das Gewissen zum Yoga. Es gibt einen inneren Geist, der fragt, ob Sie sich dem Bhoga hingeben wollen oder ob Sie an etwas anderes wollen, etwas  Weitergehendes. Das ist der Geist des Yoga. Was ich Ihnen sagen will ist, dass jeder einen yogischen Geist hat. Es ist nicht so, dass der eine ihn erbt und andere nicht. Deshalb sagt Patanjali, dass das Bewusstsein fünf Niveaus haben kann: Ksipta, Muda, Viksipta, Ekegrata, Nirodha.

Es ist wie der Besitz, den wir erben. Wir erben nur, was unsere Vorfahren uns hinterlassen. Es gibt eine Begrenzung. Nehmen wir an, meine Eltern haben etwas Geld. Ich kann nur erben, was sie haben. Ich kann nur diese Höhe der Erbschaft erwarten. Ich kann nichts weiter erwarten, nicht mehr als das.

Auf ähnliche Art haben wir dieses Bewusstsein, das in verschiedenen Niveaus in jedem von uns ist. Es hat seine eigene Stumpfheit, seine eigene Aufgewühltheit und seine eigenen Veränderungen. Es hat seine eigene Kraft der Konfrontation, Aufmerksamkeit, Disziplin. Es hat seine eigene Kraft, tief nach innen zu gehen in die entgegengesetzte Richtung des nach außen gerichteten Geists. Wir erben es, und hier an diesem Punkt beginnt die Yogapraxis. Es ist gleichgültig, selbst wenn wir ein Muda Citta haben. Wir erben trotzdem den yogischen Geist. Wir alle kommunizieren mit uns selbst mit dieser kosmischen Intelligenz, die manchmal sehr dünn sein mag, sehr schwach, sehr zaghaft, während sie in manchen sehr stark sein kann. Wir alle haben den Geist des Yoga, aber er ist in jedem von uns auf verschiedenen Niveaus.

Wenn wir dann üben, müssen wir sehen, wie wir weiter wachsen oder tiefer gehen. Wir können wachsen, selbst wenn wir mit einem begrenzten Erbe beginnen. Andererseits können wir etwas erben, aber wir können nicht unser ganzes Leben nach diesem  ererbten Reichtum ausrichten. Wir müssen etwas verdienen. Wir lernen in Schulen, Colleges, Universitäten, wir arbeiten, wir finden eine Stelle, wir sorgen für unser eigenes Leben. Wir versuchen herauszufinden, welche Arbeit uns interessiert, wohin wir gehen müssen, um zu arbeiten. So bauen wir uns eine zweite Schicht von Reichtum auf. Wir erben etwas, und wir müssen etwas erreichen. Diese beiden treffen zusammen auf der Ebene des Bewusstseins. Vielleicht können wir schützen, was wir ererbt haben, indem wir etwas vollbringen. Deshalb heißt dieses Citta Citta Sampat. Das Bewusstsein heißt Citta Sampat.

Sampat ist Besitz oder Wohlstand. Dieses Bewusstsein ist unser Besitz. Es ist unser Reichtum, und wir müssen sehen, wie wir ihn vermehren. Wir wissen alle, wie wir Geld verdienen und unseren äußeren Reichtum vermehren können. Aber wir wissen nicht,  wie wir den Reichtum unseres Bewusstseins vermehren können. Sie können den  yogischen Geist nicht für Dollars kaufen! Sie können diesen Wohlstand nicht kaufen.  Dennoch ist es möglich, eine Art Transaktion zu machen. Es gibt eine Methode des  Erwerbs, aber nicht mit Dollar oder einer anderen Währung. Wir können dies mit  Sadhana, Übung, Abhyasa erreichen, und dann können wir erkennen, dass dieser  Wohlstand ebenfalls wächst.

Hier kommt Astanga Yoga dazu. Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi.

Denken Sie gut darüber nach. Wenn ich einige Dollars in der Tasche habe, kann ich nur in ein Geschäft gehen, wo ich mit den Dollars, die ich habe, etwas kaufen kann. Ich kann nicht in ein teures Geschäft gehen, wenn ich nicht so viel Reichtum habe. Ich kann nur einen Schaufensterbummel machen. Es sieht schön aus. Es sieht gut aus, aber ich weiß, ich kann nur kaufen, was meiner Geldbörse entspricht. Zu dem, was nicht angemessen ist, sage ich: „Vergiss es, es ist nicht für mich.“

Wir können das Kapital des Yoga-Geists durch die Übung von Asanas und Pranayama mehren.

Genauso können wir Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi haben, Schritt für Schritt. Wir können nicht sagen: „Ich will alles“, denn es hängt von unseren Kapazitäten ab. Wenn Sie fragen, wie dieser Geist des Yoga zu entwickeln ist, dann müssen Sie erkennen, dass wir ein gewisses Kapital in uns haben,  das wir vermehren müssen. Ihre tägliche Asana- und Pranayama-Praxis ist das Startkapital. Wir müssen daran arbeiten, es zu mehren. Nur dann kommt das wirkliche Verständnis.

Das wirkliche Verständnis kommt durch den Prozess des Asana- oder Pranayama-Übens. Das ist mehr als die Asana- und Pranayama-Techniken, die Ihnen ein Lehrer vermitteln kann. Sie sagen Ihnen, was auf welche Art zu tun ist, was richtig und was falsch ist. Wir übernehmen diese Methoden und fahren damit fort. Wir denken, alles basiere nur auf Technik. Technik ist ein Teil, eine grundlegende Methode, die bei jeder Aktivität anzuwenden ist.

Stellen Sie sich vor, Sie sollen Tadasana üben. Sie richten sich auf, stehen auf Ihren Füßen, versuchen die Pose zu sehen oder zu fühlen, Sie fangen an zu verstehen, wo die Füße sind, wo die Knie sind, wie Sie alles ausrichten, auf welche Art Sie strecken, ob Sie strecken oder nicht, ist Ihre Schulter in der richtigen Position, ist Ihre Brust in der korrekten Position, sind Ihre Rippen in der korrekten Position? So beginnt der  Denkprozess, und Sie versuchen, Ihr Tadasana in eine bestimmte Form zu bringen.  Wenn Sie dieses Tadasana üben, spüren Sie in einem bestimmten Stadium, dass Sie in Balance sind. Sie spüren, dass Sie nicht nur das Körpergewicht auf beiden Seiten verteilt haben, sondern dass Sie auch das Gewicht des Geistes verteilt haben. Wenn Sie in Tadasana stehen, und das Gewicht ist mehr auf dem linken Fuß, und das rechte Bein verspannt sich, die linke Seite des Rumpfes schrumpft, dann merken Sie sofort, dass etwas nicht richtig ist.

Es mag lange Zeit brauchen, sich zu korrigieren. Das ist eine andere Sache. Aber Sie wissen, dass etwas nicht richtig ist, obwohl Sie nicht wissen, wie es zu korrigieren ist. Sie wissen aber, dass etwas nicht stimmt und korrigiert werden muss. Wenn Sie daran denken, entwickelt sich langsam der Geist des Yoga. Das heißt, Ihr Unternehmen ist gegründet. Sie haben begonnen, Geld zu verdienen. Es mag heute wenig sein, morgen etwas mehr, und so formen Sie Ihren Geist durch Asana.

Sie spüren, dass Sie bei stehenden Asanas Ihren Körper strecken, Sie strecken Ihre Arme, Sie beugen sich, Sie drehen sich, und Sie spüren die Ausdehnung der  Wirbelsäule, Sie fühlen, dass Sie irgendwo gerade geworden sind und dass Ihre Brust gehoben ist. Manchmal sagen Sie, dass Sie müde waren, als Sie in die Klasse kamen, aber nach den Stehhaltungen fühlen Sie sich gut. Manchmal ist Ihr Geist völlig stumpf wenn Sie zum Unterricht kommen, und dann merken Sie, wie Sie lebendig werden. Ein Stück weit stellen Sie fest, dass die Depression, die vorher da war, verschwunden ist. Was ist „das“, wenn Sie lebendig werden, wenn Sie fühlen, dass Sie stumpf und matt waren und nun aktiv geworden sind? Da waren Schmerzen im Knie, die jetzt verschwunden sind. Wenn Sie beginnen, auf diese Weise zu denken, dann haben Sie begonnen, Ihren yogischen Geist zu entwickeln. Nehmen wir an, Sie üben Ihre Stehhaltungen in der richtigen Weise und werden heiter, Sie spüren, dass Ihnen leicht ums Herz wird und Sie sich beschwingt fühlen. Die Leichtigkeit des Körpers sendet auf einer anderen Ebene eine Botschaft an Ihren Geist, und Ihr Geist wird ebenfalls leicht und frisch. Was Sie als Schwere des Körpers gefühlt haben, war auch auf eine Schwere im Geist zurückzuführen, die Sie herunterzog. Sie haben alle diese Erfahrung gemacht, wenn auch nicht immer in dem Maße. Manchmal geht die Schwere nicht in vierzehn Tagen, einem Monat oder drei Monaten. Sie werden erkennen, dass die Veränderung aber kommt und einsetzt. So ist der Geist beschaffen.

Die Upanishaden sagen, dass der Geist durch die Nahrung entwickelt wird, durch das Karma, unsere Aktionen, dass der Geist durch das Jnana, das Wissen, das wir erwerben, aufgebaut wird. Deshalb müssen unser Denkprozess, unsere Gewohnheiten richtig organisiert werden, damit der Geist des Yoga sich allmählich entwickeln kann.

Was Wissen und Karma angeht, wenn Sie zum Unterricht kommen und mit Ihren Asanas beginnen, sind Sie wenigstens in diesem Moment eine völlig andere Person. In Ihrer äußeren Welt streiten, kämpfen Sie vielleicht im Wettbewerb abhängig von der Situation, in der Sie sich befinden, aber in dem Moment, in dem Sie in den Unterricht kommen, wird diese Ebene komplett abgestreift. Sie sind alle auf der gleichen Ebene. Das Ziel, wenn Sie zum Yoga kommen, ist ein völlig anderes als das des nach außen gerichteten Geistes, der seinen eigenen Weg finden will. Die „Ichbezogenheit“ oder der Egoismus wird in eine andere Richtung gelenkt. Wenn Sie in Ihrem Büro der Chef sind, arbeitet das Ego auf einer anderen Ebene. Sobald Sie vom Job weg sind und in den  Yogaunterricht kommen, ist Ihr Ego auf einer anderen Ebene. Wenn Sie dieses Ego mit in den Unterricht nehmen, erreichen Sie nichts. So entwickeln wir den Geist des Yoga.

Nehmen wir an, Sie üben Rückbeugen wie Viparita Dandasana oder Urdhva  Dhanurasana oder die Seil-Übungen, die alle verschiedene Wirkungen auf den Geist haben, anders als die Wirkungen auf den physischen Körper. Wenn Sie sorgfältig beobachten, werden Sie feststellen, dass Sie mehr bekommen, darüber hinaus, dass Ihre Steifheit, Ihre Schmerzen verschwinden, Ihre Gelenke mehr Beweglichkeit erlangen. Sie erhalten tatsächlich noch etwas: Es ist die Lebensenergie, ein belebendes Gefühl,  erhebend von innen. All diese Dinge sind dafür da, Ihren yogischen Geist zu entwickeln. Diese Erfahrung zu machen ist sehr wichtig.

Wir wollen nur die Wirkungen sehen. Wir nehmen dies als Bereicherung. Was bringt es mir? Wie kann ich davon profitieren? Sie denken an die Vorteile der Asanas und  Pranayamas auf dieser Stufe. Wenn Sie aber die Erfahrung aller Asanas und  Pranayamas mitnehmen, werden Sie herausfinden, dass Sie mehr profitieren.

Denken Sie nicht nur an die Vorteile von Asana und Pranayama, nehmen Sie die Erfahrung aus allen Asanas und Pranayamas mit, beobachten Sie, wie der Geist sich verändert.

Außer dass Sie Krankheiten und Probleme loswerden, gibt es bestimmte weitere Vorteile, die sich einstellen. Ihr Geist verändert sich! Der Geist profitiert. Sie erhalten Fröhlichkeit im Geist, Ruhe im Geist. Sie müssen erfahren haben, dass die Aktivität des Gehirns plötzlich ruhig wird, wenn Sie Sarvangasana üben. Sie üben halbes Halasana und finden heraus, dass Ihr Gehirn in einen schläfrigen Zustand übergeht, wie wenn Sie im Bett ruhen. Sie spüren, dass Sie überhaupt nicht in dieser Welt sind, wenn Sie Savasana machen. Alle diese Erfahrungen kommen in Ihr Bewusstsein.

Ich denke, dass es auf dieser Stufe richtig ist, wenn ich Ihnen sage, wie wichtig die Methoden sind, die uns Guruji gegeben hat, die verschiedenen Arten, jedes Asana auszuführen, die er uns gelehrt hat; manchmal üben Sie die Stehhaltungen vielleicht an der Wand, manchmal vielleicht mit dem Pferd, manchmal ohne Unterstützung. Sie sind glücklich, dass etwas erreicht ist, und Sie springen plötzlich in den Handstand und  spüren, dass die Leichtigkeit gekommen ist, Sie fühlen innere Fülle. Was ist das? Sie haben schon so viel Reichtum.

Sie können sich vorstellen, wie wenig Besitz oder Reichtum Sie hätten, wenn Sie nur Sarvangasana, ein wenig Halasana, Bujangasana wie in den älteren Büchern beschrieben, gelernt hätten. Wenigstens nehmen die Menschen jetzt die verschiedenen Asanas aus „Licht auf Yoga“ auf. Alle Methoden und Techniken, die wir in unseren  Asanas haben, jedes Detail, das wir während des Übungsprozesses im Asana oder  Pranayama haben, ist selbst eine Bereicherung, von Guruji geschenkt. Wenn wir das nicht hätten, wäre vielleicht alles begrenzt geblieben.

Guruji führt ältere Menschen anders in Trikonasana. Er sagt: „Sie können Ihre Hände auf einem Block lassen oder gegen eine Wand üben.“ Wenn ein Kind da ist, sagt er: „Spring mit mir und tu es schnell“, sodass das Kind auch den Reichtum erhält, so wie der ältere Mensch die Bereicherung erfährt, wenn er an der Wand übt. So bekommen wir Gefühle und Erfahrungen der Bereicherung, und wir nutzen diesen Reichtum.

Wie Citta Sampati gibt es Kaya Sampati. Kaya ist der Körper und Sampat ist Wohlstand. Der Körper hat seinen eigenen Reichtum wie Kraft, Stärke, Ausdauer, seine eigenen Kapazitäten, seine eigenen Fähigkeiten. Seine Dollars! Wir können mit regelmäßigem Üben auch auf diesem Reichtum aufbauen. Es ändert sich mit Gewissheit etwas in uns, wenn wir einige Jahre üben.

Als wir hierher gefahren sind, sagte man mir, dies sei eine Stadt der Kirchen und Bars. Yoga und Bhoga sind beide hier, Kirchen und Bars. Es gibt an jeder Ecke das eine oder das andere. Es ist an uns zu entscheiden, ob wir in die Kirche gehen oder in die Bar.  Sicher, der Geist des Yoga lässt uns zur Kirche gehen und nicht zur Bar. Das ist die Veränderung, die stattfindet. Wir sind sicher in der Lage, das eine und das andere zu unterscheiden, ob Sie spirituelle Erfahrungen wünschen, die höheren Erfahrungen oder die niedrigeren. Das hat uns die Praxis gegeben.

Zum Beispiel Yama, Niyama und Asana. Denken Sie an die Yoga-Wissenschaft, denken Sie, was Yamas sind: Ahimsa, Satya, Asteya, Brahmacarya, Aparigraha. Dies sind große Worte, und Sie bekommen Angst. Als Mensch können wir nicht sagen, dass wir Ahimsa, Gewaltlosigkeit, strikt einhalten oder dass wir strikt Wahrhaftigkeit üben. Manchmal muss man lügen. Wenn ich nicht hätte hierherkommen wollen, hätte ich Ihnen so etwas wie „bitte entschuldigen Sie, es geht mir nicht gut“ gesagt. Patanjali sagt, dass dies die fünf Dinge sind, die man einhalten muss. Dies ist die Basis, aus der sich der Geist des Yoga entwickelt.

Aparigraha ist Nicht-Anhäufen. Sie wollen nicht alles horten und lagern. Wenn Sie diese Gewohnheit, Ihren Lebensstil dementsprechend entwickeln, werfen Sie weg, was nicht nötig ist und behalten, was nötig ist. Wenn Sie diese  Urteilsfähigkeit erhalten, sind Sie bereits auf dem Weg des Yama. Dies gibt Ihnen Verständnis für Aparigraha. Wenn das Verständnis aber nicht da ist, dann gehen Sie einen falschen Weg. Wir können sagen, dass wir nicht in der Lage sind, uns zu beurteilen. Das muss in uns einsickern. Wie entwickelt man das? Durch Asana und Pranayama.

Brahmacarya ist die Kontrolle unserer Wünsche, unseres Willens, eine Kontrolle der Begierden, die wir haben. Wenn diese Kontrolle kommt, wird auch sie durch Asana und Pranayama kommen. Wenn Sie wirklich selbst nachdenken, geschieht diese Veränderung in hohem Maße.

Der Umkehrprozess ist schwierig. Sie können sehr schnell fahren, aber Sie müssen das Tempo verlangsamen, wenn Sie umkehren wollen. Wenn Sie umdrehen wollen, müssen Sie genau überlegen. Sie müssen herausfinden, welche Richtung Sie einschlagen wollen. Sie müssen herausfinden, ob Sie den Platz dafür haben. Sie müssen herausfinden, in welchem Stadium, an welchem Ort und an welchem Punkt Sie umkehren müssen. Der Geist des Yoga ist wie das Fahren eines Autos im Rückwärtsgang. Der Prozess ist auch so ausbalanciert, dass Ihr Auto nicht anhält, sondern eher weiterfährt. In der Asana- und Pranayama-Praxis schreiten Sie fort, um umzukehren. So baut uns Asana und Pranayama moralisch, physisch und mental auf.

Deshalb bittet Guruji Sie, die Praxis von Sirsasana und Sarvangasana nie aufzugeben. Wenn Sie es nicht schaffen, Sirsasana und Sarvangasana zu üben, dann machen Sie wenigstens Setu Bandha Sarvangasana oder Viparita Karani. Sie mögen körperliche Schwierigkeiten haben, bestimmte Dinge zu tun, aber er besteht auf diesen Asanas. Er hat in keinem Fall gesagt, dass diese Asanas nicht zu üben seien. Die Umkehrhaltungen haben eine große Kontrolle über unseren Geist, unser Hormonsystem und über unser gesamtes inneres mentales System. Dies ist das größte Geschenk von Guruji. Wir üben vielleicht nicht alle Asanas jeden Tag, aber die Umkehrpositionen müssen regelmäßig geübt werden. Wenn Sie eine bestimmte Stufe in Ihrer Asana-Praxis erreicht haben, müssen Sie mit der Pranayama-Praxis beginnen.

Er sagt, dass die Pranayama-Praxis noch nicht nötig ist, wenn Sie Anfänger sind. Aber wenn Sie ein bestimmtes Niveau erreicht haben, müssen Sie wenigstens etwas Pranayama üben, selbst wenn es nur Pranayama in Savasana ist. Hier lehrt er uns, unseren Geist zu verstehen. Wenn Sie sich nur aktivieren, werden Sie nicht wissen, wo Sie sich stabilisieren können. Wenn Sie Ihren Geist immer mobil machen, schnell, dann werden Sie nicht wissen, wie er beruhigt wird. Durch unser Üben muss eine Art Gleichgewicht in unseren Geist gebracht werden. Wenn wir etwas beim Üben erreichen, müssen wir über diese Auswirkungen Bescheid wissen. Es sind nicht nur die Auswirkungen, die im Buch stehen. Wir müssen selbst herausfinden, wie unser Geist funktioniert.

Manchmal bekommen wir Schmerzen und Probleme beim Üben, aber wir möchten weiterüben. Schmerzen und Probleme treten vielleicht bei einer bestimmten Stufe auf, aber wir wissen, dass es darüber hinaus weitergeht. So ist der Geist des Yoga geformt.

Wir müssen herausfinden, wie wir den Geist des Yoga in unser tägliches Leben einpassen. Wir haben vielleicht eine oder zwei Stunden zum Üben. Es hängt von der Kapazität ab. Jemand mit einem Muda Citta, jemand mit einem Viksipta Citta würde überhaupt nichts tun wollen. So bitten Sie sie, mindestens 15 Minuten aufzubringen und etwas zu üben. Es gibt einige, die nur physisch stark arbeiten, andernfalls sagen sie: „Ich werde dumpf “, dann sagen Sie, okay. Sie sollen Stehhaltungen mit Sprüngen machen, und nach 5 bis 10 Minuten fühlen sie sich aufgeladen. Es gibt Leute, die faul sind und gar nichts tun möchten. Auch da sagen wir: „Okay, leg dich auf die Setu Bandha Bank, auf die Viparita Dandasana Bank, bleib in Supta Baddha Konasana.“ Ihre Dumpfheit verschwindet, wenn Sie das alles tun. Wenn Sie Beweglichkeit oder einen aktiven Geist wollen, bekommen Sie es. Wenn Sie einen passiven Geist wollen, bekommen Sie ihn. Das basiert auf Erfahrungen.

Welche Gefühle auch immer Sie in diesen ein oder zwei Stunden des Übens bekommen, Sie müssen das mit ins tägliche Leben nehmen. Hier beginnt die Disziplin.

Sie können nicht mitten in der Nacht aufstehen und sagen: „Oh, jetzt mache ich Asanas, ich habe Lust dazu.“ Es gibt einen bestimmten Weg, einen bestimmten Prozess, und es gibt Einschränkungen. Nahrung muss vier Stunden vorher eingenommen sein. Sie  können nicht essen und eine Stunde später Asanas üben, denn dann bereiten Sie den yogischen Geist nicht vor. Das Essen, das Sie zu sich genommen haben, würde sich selbst für den physischen Körper aufbereiten. Dieser Körper braucht zuerst Nahrung, der elementare Körper, der zellulare Körper. Sie fangen an, dies zu unterscheiden. Wenn Sie Nahrung zu sich genommen haben, die schwer verdaulich ist, können Sie es nicht einmal nach längerer Zeit verdauen, dann fehlt etwas in Ihrer Praxis. Sie können bestimmte Dinge nicht tun. Dann erkennen Sie: „Ich hätte das nicht essen sollen, als mein System mir gesagt hat, es nicht zu essen.“ Sie mögen es vielleicht, aber Ihr Körper hat Signale dagegen ausgesandt.

So bekommen Sie über Ihr Citta Sampat, Ihr Bewusstsein, etwas Verständnis, und Sie beginnen, sich zu verändern. Dann kommt eine Zeit, wenn Sie sagen: „Ich kann nicht essen. Wenn überhaupt, kann ich am Sonntag essen, wenn ich eine Pause im Üben mache.“ Sie möchten jeden Tag einfache Nahrung haben. Ich spreche zwar über Nahrung, aber der Geist muss durch das Üben geformt werden. Es bedeutet, dass Sie das Bewusstsein durch die äußeren Kanäle füttern, was das Bewusstsein verdaut.

All unser Üben im täglichen Leben bringt uns auf eine anderes Niveau. So vermehrt Citta den Reichtum, der vom „Eltern-Körper“, der Urmaterie, ererbt wurde, und er wird zurück ins Bewusstsein geleitet.

Unsere Praxis hinterlässt Eindrücke auf uns. Selbst wenn Sie in Savasana eine Weile Ruhe erfahren, wird dieser Eindruck vom Bewusstsein weitergetragen. Das Vyuttana Citta, das nach außen gehende Bewusstsein, beginnt sich mit Samahita Citta anzufüllen, welches Sie nach innen nehmen möchte.

Dieser Prozess, Eindrücke zu erwerben, bringt Sie dazu, den Reichtum aus dem Üben mitzunehmen und das Bewusstsein anzufüllen. Über diesem Bewusstsein arbeitet das Gewissen oder Viveka, welches darüber entscheidet, was gut und was böse ist, was  unwahr, was real ist und was nicht. Das ist Philosophie und geschieht in unserem täglichen Leben.

Nehmen Sie an, Sie haben die Wahl, in ein Theaterstück zu gehen, in einen Film, ein Konzert oder in eine Yogaklasse. Wenn Sie die richtigen Prägungen haben, sagt das Bewusstsein: „Lass mich in die Yogastunde gehen“, oder es wird sagen: „Da ich heute nicht zur Yogastunde gehen kann, weil sie zeitgleich mit dem Konzert stattfindet, übe ich am Morgen. Dann gehe ich ins Konzert.“ Das bedeutet, Sie nehmen diese Eindrücke mit, weil Ihr Geist sich nicht plötzlich ändern kann.

Auch der Geist muss langsam geformt werden, so wie wir ein Baby in kleinen Portionen füttern. Selbst wenn Sie ein hübsches und starkes Baby wollen, kippen Sie ihm nicht die ganze Flasche Milch auf einmal in den Mund. Sie wissen, dass das nicht der richtige Weg ist. Sie füttern das Kind Stück für Stück und angepasst an die Zeiten, wenn es hungrig ist. So müssen Sie auch ihren Geist füttern. Sie können nicht plötzlich ein Yogi sein. Sie können nicht plötzlich ein erstklassiger Yogi sein. Sie können sich einen erstklassigen Musiker nennen oder einen erstklassigen Künstler. Aber kein Yogi wird sagen: „Ich bin ein erstklassiger Yogi“, denn es gibt keine Spitzenklasse.

Als Guruji hier war, hat er nie gesagt, er sei erstklassig, also „lernt von mir“. Er sagte: „Das ist das, was ich weiß, tut es, und ihr könnt davon profitieren, wie ich profitiert habe.“ Er sagt: „Das ist meine Erfahrung, und Ihr sollt versuchen und herausfinden, ob Ihr Erfahrungen macht.“ Er hat uns all diese Erfahrungen weitergegeben: was er fühlte, was er lernte, was er verstand. So müssen wir uns allmählich auf seine Art entwickeln. Es ist nicht die Frage, wie viele Stunden wir üben.

Sie können stundenlang zusammen üben, aber die nächste Frage ist, ob Sie es verdauen können. Es ist, wie wenn Sie Ihre praktische Arbeit in einem Wissenschaftslabor tun. Sie finden heraus, welche Chemikalie sich mit welcher verträgt und was die Wirkung ist. Dann kommen Sie zurück und machen sich Notizen und studieren diese. Dann  versuchen Sie, sich zu erinnern und dieses Wissen herauszuholen, wenn es gebraucht wird. So wird ihr Wissen über Chemie gefördert. Sie lernen nichts, wenn Sie nur vierundzwanzig Stunden im Chemielabor stehen.

Auf ähnliche Weise müssen wir sehen, wie wir durch die praktische Seite von Asana und Pranayama herausfinden, wie wir unser Programm für den ganzen Tag entwerfen müssen.

Wir müssen uns um die Familie kümmern, um unsere Arbeit, um unseren Beruf. Aber wir müssen auch sehen, wie wir innerlich losgelöst bleiben, auch wenn wir an unserer Arbeit hängen. Alles was getan werden muss, sollte richtig getan werden. Angenommen, Sie haben eine Stelle im Büro, dann müssen Sie sie richtig ausüben. Da gibt es keine Frage. Aber da muss diese Art von losgelöstem Bewusstsein vorhanden sein. Es muss sich in Richtung Yogapraxis umkehren.

Sie müssen zusehen, dass Sie morgens früh aufstehen, um Pranayama zu üben. Danach haben Sie vielleicht einen betriebsamen Tag und finden vielleicht nicht einen Moment Zeit zu atmen! Wenn Sie also keine Zeit zum Atmen finden, müssen Sie am Morgen atmen und durch Pranayama etwas Energie holen.

Durch die Energie, die Sie mit dem Üben aufgebaut haben, werden Sie wissen, ob Sie wirklich Ruhe, Stille während des Pranayama erfahren haben, und dann nehmen Sie dieses Gefühl den ganzen Tag mit in die Arbeit. Sie sind weniger verwirrt, weniger beunruhigt. Sie haben die Energie, Ihre Arbeit zu machen. Der Geist muss zum Yoga hinstreben. Dann werden Sie die innere Freiheit finden, Ihre Praxis durchzuführen.

Die Praxis ist keine Last auf Ihrem Bewusstsein. Die sehr disziplinierte Art, unseren Tag zu planen, um uns die Zeit für das zu geben, was wir wollen, zeigt uns, dass da yogische Samskaras sind, die wir mit uns tragen. Nicht durch das Denken an Ahimsa,  Gewaltlosigkeit, und das Tragen eines Schildes auf der Straße folge ich Ahimsa. Wir müssen es selbst herausfinden bei unserem Umgang mit anderen, ob wir aggressiv sind oder gewaltfrei. Habe ich mich grundlos aufgeregt oder aus gutem Grund die Geduld verloren? Wenn Sie sich aus irgendeinem Grund über jemanden aufregen, müssen Sie sich fragen, was Sie an dessen Stelle getan hätten. So entwickeln Sie sich.

Freunde, ich hoffe, Sie verstehen, was ich Ihnen erklärt habe. Wie und auf welche Art wir den Geist des Yoga in uns tragen müssen. Das eine bekommen wir als Erbe mit, sonst hätte das Yoga sich geweigert, in uns einzudringen. Yoga verweigert sich niemandem. Yoga hat nicht gesagt, dass Sie draußen sind und jemand anders drinnen. Auf der anderen Seite hat Guruji uns eine Methode gegeben, durch die wir eine Menge Wohlstand vom Yoga erben können. Wir müssen lernen, es objektiv in uns zu erfahren und zu fühlen. Wir müssen sehen, wie wir das ererbte und das erworbene Gut miteinander vereinen und uns entwickeln und disziplinieren.

Wenn Sie wirklich üben, lässt der disziplinierte Geist den undisziplinierten nicht eindringen. Dann hängt es vom Abwägeprozess ab. Wenn Sie einen ziemlich  undisziplinierten Geist und wenig Disziplin haben, kann das natürlich nicht  funktionieren. Der undisziplinierte Geist obsiegt. Um das Gewicht des disziplinierten Geistes zu erhöhen, müssen wir unsere Praxis richtig aufbauen. Deshalb üben Sie. Deshalb üben wir.

Es gibt Karma (Aktion) Suddhi (Reinigung), Ksya (Körper) Suddhi, es gibt Mana (Geist) Suddhi, Citta (Bewusstsein) Suddhi. Der Geist des Yoga wird durch diesen Reinigungsprozess, diesen Filterungsprozess gebildet. Der Inhalt des Filtrats, der übrig bleibt, ist der Geist des Yoga. So muss man lernen, muss man verstehen. Üben Sie weiter, machen Sie weiter, und finden Sie heraus, wie das Gewicht bei Ihnen verteilt ist, ob Sie einen disziplinierteren oder einen undisziplinierteren Geist haben. Und Sie werden herausfinden, dass Sie begonnen haben, sich zu disziplinieren. Sie sind nicht, was Sie früher waren. Sie müssen sich nicht mit anderen vergleichen, vergleichen Sie mit sich selbst. Deshalb habe ich gesagt: „Ein Yogi wird nicht sagen, dass er ein erstklassiger Yogi ist.“

Sie haben Ihr eigenes ererbtes Bewusstsein, das Sie entsprechend Ihrer Kapazität entwickelt haben. Jeder kann das entwickeln, weil es eine Anleitung für uns gibt, von Guruji und von Patanjali. Wenn wir das verstehen, denke ich, haben wir viel verstanden. So müssen wir uns entwickeln und diesen yogischen Geist erwerben, indem wir unser Leben auf die richtige Weise führen. Die Welt mag tun, was sie will, aber wenn wir weise sind, werden wir in der Lage sein, das richtig zu beurteilen. Wenn unser Citta Sampat stark ist, dann wird unser Gewissen sehr stark sein, und wir werden fähig sein, auf die richtige Weise zu unterscheiden. Das in unserem Bewusstsein behaltend, sollten wir zu dem Weisen Patanjali beten, sodass wir mehr Wohlstand erben und erwerben, das Yoga Sampat.

*) Zitat aus BKS Iyengars „Der Urquell des Yoga“ zu Mula Prakrti:
„Um die Evolution der Natur von ihren subtilsten Elementen bis zu ihren grobstofflichen Manifestationen verfolgen zu können, müssen wir bei der Wurzel-Natur (mula-prakrti) ansetzen. Auf dieser Entwicklungsstufe ist die Natur grenzenlos, eigenschaftslos und undifferenziert. Wir können diese Phase „noumenal“ oder „ohne Zeichen“ (alinga) nennen, weil sie nur durch Intuition zu erfassen ist. Die Grundbestandteile der Natur, die Gunas, befinden sich in der Mula Prakrti in vollkommenem Gleichgewicht – ein Drittel Sattva, ein Drittel Rajas und ein Drittel Tamas …“